#13 Wortkarg (20.05.2025)
Am Dienstag, dem 20. Mai 2025, fielen nachmittags etliche Verbindungen auf der Südstrecke aus, wegen eines „Hindernisses im Gleisbereich“. Ich Depp hatte natürlich
nichts Besseres zu tun, als ausgerechnet an diesem Nachmittag dringend von Baden nach Wiener Neustadt zu müssen (Ich behaupte einmal, dass es dringend ist, wenn man einen Kurs abzuhalten hat,
dessen Teilnehmer, wenn man nicht erscheint, unverrichteter Dinge nachhause fahren müssen).
Der Regionalzug mit Planabfahrt um 15:27 verließ Baden mit +3 (d.h. mit drei Minuten Verspätung). Der Zug um 15:36 endete bereits in Mödling. Der CJX um 15:47 fuhr
mit +8 und erreichte Wiener Neustadt mit +6, ein Gleis war ja durchgehend frei. Die S-Bahn, die für gewöhnlich um 15:51 in Baden abfährt, fiel ab Mödling aus. Meiner einer stand um 16:05 am
Bahnsteig, gerade rechtzeitig für den Zug um 15:57, der Baden mit +8 verließ und außertürlich in Felixdorf, also neun Fahrminuten nördlich von Wiener Neustadt, endete.
Immerhin, der Schaffner kündigte bereits kurz vor Leobersdorf an, dass der Zug auf dem letzten Teilstück ab Felixdorf entfallen würde. Weitere Informationen gab es
nicht, aber wer regelmäßig auf dieser Strecke verkehrt, weiß, dass der nachfolgende Zug (Abfahrt in Baden um 16:06) nur in Leobersdorf, nicht aber in Felixdorf hält. Ich verließ den Zug, ebenso
wie etliche Mitreisende, also bereits in Leobersdorf. Was ein Fehler war, denn der nachfolgende Zug wurde ebenfalls in Felixdorf – wo er außerplanmäßig hielt – aufgelöst. Der (in Baden) nächste
Zug, ein CJX, schaffte es von Floridsdorf überhaupt nur bis zum Praterstern, und der übernächste Zug (Baden ab 16:27) entfiel auf ganzer Strecke. Der Folgezug (Baden ab 16:36) fuhr ebenfalls nur
bis Felixdorf. Erst der darauffolgende Zug, ein CJX, der in Leobersdorf und Felixdorf nicht hält, durfte weiterfahren und erreichte Wiener Neustadt mit Verspätung um 17:10.
Doch zurück nach Leobersdorf: Im Gegensatz zu den anderen Reisenden, die den Zug in Leobersdorf verlassen hatten, setzte ich mich in den Folgezug, der, genau wie
mein ursprünglicher Zug, in Felixdorf aufgelöst wurde. Und wirklich: Am Bahnsteig gegenüber stand noch der verspätete Regionalzug aus Traiskirchen. Er hatte auf unseren Zug gewartet – und durfte
nach Wiener Neustadt weiterfahren!
Nur: In keinem der beiden Züge, mit denen ich zwischen Baden und Felixdorf unterwegs gewesen war, war auf diesen Zug hingewiesen worden (Im unwahrscheinlichen Fall,
dass der Schaffner des ersten Zuges dies noch getan hat, erfolgte die Durchsage erst nach Leobersdorf, was für viele Reisende zu spät war). Die Züge der inneren Aspangbahn werden erst seit
wenigen Jahren nach Wiener Neustadt durchgebunden und sind recht unbekannt. Außerdem war nicht damit zu rechnen gewesen, dass der zweite Zug diesen Anschluss noch erreichen würde. Etliche Leute,
die nach Wiener Neustadt wollten, warteten daher noch in Leobersdorf – und zwar bis 17:16. Wiener Neustadt erreichten diese Reisenden erst um 17:28, also 48 Minuten später als ich. Von den nur 62
Sitzplätzen im Regionalzug aus Traiskirchen war nur etwa ein Drittel besetzt gewesen.
Was wäre zu tun gewesen? Die Zugbegleiter hätten auf den Anschluss in Felixdorf hinweisen müssen, zumindest der erste, dessen Zug diesen Anschlusszug auch dann,
wenn dieser pünktlich abgefahren wäre, locker erreicht hätte. Außerdem kann es nicht sein, dass von 15:30 bis 17:07 kein Regionalzug von Baden nach Wiener Neustadt fährt (bzw. von 15:55 bis 16:59
kein CJX), wenn ein Gleis frei ist! Während ein Gleis durchgehend benützbar war und von Zügen Richtung Wien auch fleißig genutzt wurde, entfielen zwischen Leobersdorf/Felixdorf und Wiener
Neustadt fünf aufeinanderfolgende Regionalzüge!
#12 Ins Triestingtal
Die werktäglichen Anschlüsse ins Triestingtal sind an sich ziemlich gut, beispielsweise kommt der beschleunigte REX um 16:12 in Leobersdorf an, und am Bahnsteig
gegenüber fährt um 16:14 ein Regionalzug nach Weissenbach-Neuhaus. Das Problem: Der Regionalzug wartet nicht. Mitte Mai 2025 bin ich zweimal mit dem besagten REX über Leobersdorf nach Wiener
Neustadt gefahren, der Zug war beide Male drei Minuten verspätet. Der Regionalzug war beide Male schon weg, dabei hätte er max. zwei Minuten warten müssen. Der nächste Zug ins Triestingtal fährt
schon um 16:38, aber was machen Pendler, die zweimal pro Woche diesen Anschluss versäumen, realistischerweise? Sie nehmen, wenn möglich, in Wien den Zug, der acht Minuten früher fährt (zugegeben,
kein Drama, aber es wär halt trotzdem fein, wenn man sich weitestgehend auf Anschlüsse verlassen könnte), oder sie steigen irgendwann aufs Auto um.
#11 Die Unterwerfung
Letzte Woche ist mein Zug fünf Minuten in der Meidlinger S-Bahn-Unterwerfung gestanden. Die
S-Bahn-Unterwerfung ist ein Tunnel, der es der S-Bahn aus Wr. Neustadt ermöglicht, in den Bahnhof einzufahren, ohne den ausfahrenden Gegenverkehr kreuzen zu müssen. Unnötige Aufenthalte werden
also vermieden. In der Theorie.
In der Praxis habe ich – haben alle zwischen Semmering und Hetzendorf wohnhaften Bahnfahrer – in dieser Unterführung schon Jahre unseres Lebens zugebracht. Oder zumindest einige Tage, da bin ich
mir ziemlich sicher. Das Signal da unten im Keller hat nämlich die Gewohnheit, auf rot zu stehen. Dass die Bahnsteige oben dermaßen immer dermaßen überbelegt sind, ist schwer zu glauben, bei
einigermaßen pünktlichem Verkehr sollte es eigentlich so gut wie ausgeschlossen sein. Aber so warten wir eben darauf, in den Bahnhof einfahren zu dürfen, jeden Tag aufs Neue.
Und heute? Heute bin ich mit dem IC von Wr. Neustadt nach Meidling gefahren. Der IC benützt die S-Bahn-Unterwerfung nicht, er kommt einfach oben an. In der Theorie.
Heute ist er fünf Minuten vor dem Signal gestanden und hat auf seine Einfahrt gewartet. Ich weiß nicht, warum, ich weiß nur, dass das sehr oft vorkommt. Auf seiner Reise durchs halbe Land war der
Intercity heute immer pünktlich, aber wenige hundert Meter vor der Ankunft in Wien musste er warten. Was nicht so schlimm wäre, wenn es nicht etliche knappe Anschlüsse gäbe.
Produktive Lösungsvorschläge hätte ich einige, zum Beispiel könnte man ein Signal kaufen, das sich durch eine weniger stark ausgeprägte Grün-Aversion auszeichnet. Man könnte auch die Bahnsteige
um 500 Meter verlängern und die Leute, die in der S-Bahn-Unterwerfung in Dunkelhaft sitzen, ihre Anschlüsse laufend erreichen lassen. Oder man macht einen zweiten Bahnhof vor dem Bahnhof. Wenn
man 500 Meter vor dem Bahnhof ebenfalls alle Züge halten lässt, muss der Zug, wenn ihm so davor graut, im Prinzip gar nicht mehr zum Meidlinger Bahnhof fahren, und die Leute können trotzdem
umsteigen.
Ernsthaft: Dass sich der RJX nach Salzburg just in dem Moment in Bewegung setzt, in dem der IC aus Lienz/Leoben/Wr. Neustadt mit fünf Minuten Verspätung am Bahnsteig gegenüber eintrifft, kann’s
nicht sein. Sowas darf es einfach eigentlich gar nicht geben.
#10 Kundeninformation im Störungsfall (04.04.2025)
Ein großes Problem im Störungsfall ist und bleibt die Kommunikation. Dass es unmittelbar nach einem Zwischenfall keine belastbaren Infos gibt, wie es weitergeht,
liegt in der Natur der Sache, der folgende typische Zwischenfall vom 04.04.2025 ist in meinen Augen wieder einmal ein Plädoyer für einen Bus-Bereitschaftsdienst (zumindest in Wien):
Kurz bevor unser Zug am 04.04.2025 aus Bratislava kommend um 11:59 in Gramatneusiedl einfährt, erfahren wir vom Lokführer, dass der Zug in Gramatneusiedl aufgelöst
wird. Grund ist eine Störung (übrigens die zweite in diesem Abschnitt an diesem Tag). Der Lokführer verweist auf den Schienenersatzverkehr.
Der am Nachbargleis stehende EC 140 (Tschop–Wien, mit Kurswagen aus Kiew) zeigt mir, dass die Störung seit mindestens 45 Minuten besteht, Personal oder gar ein Bus
stehen trotzdem nicht bereit. Alle Reisenden sind, wie im Störungsfall üblich, sich selbst überlassen.
Im betroffenen Abschnitt pendelt bereits seit etlichen Wochen ein Schienenersatzverkehrsbus, weil aufgrund von Bauarbeiten die S-Bahnen entfallen. Wir schlendern
also zur Bushaltestelle, wo der besagte Bus einige Minuten vor Planabfahrt um 12:25 eintrifft – und zwar nur der besagte Bus. Er fasst weniger als die Hälfte der Reisewilligen.
Wir haben uns ohnehin bereits eine alternative Reiseroute nach Baden überlegt (mit dem Bus über Ebreichsdorf, um 12:40), da fährt der nächste Zug Richtung Wien ein.
In der App steht, dass er ausfällt, am Monitor steht, dass er fährt, planmäßig um 12:33. Ein Teil der zurückgelassenen Reisewilligen rennt zurück auf den Bahnsteig, ich blockiere für einige
Nachzügler eine halbe Minute lang die Tür (so viel Solidarität, besser gesagt Selbsthilfe, muss sein). Um 12:38 (kurz, nachdem sich der Zug aus Kiew in Bewegung gesetzt hat, die Störung also
offensichtlich behoben werden konnte) dann die Durchsage, dass auch dieser Zug aufgelöst wird. Wir rennen zurück und erwischen gerade noch den Bus nach Ebreichsdorf. Obwohl der Anschlussbus nach
Baden an der notorischen Kreuzung in Ebreichsdorf City fünf Minuten im Stau steht, haben wir die schnellste Verbindung gewählt – mit dem ersten wieder fahrenden Zug wären wir etwas später
angekommen, mit dem SEV-Bus (auch mit dem ersten, der nur einen Teil der Reisenden aufnehmen konnte) ebenso. Gut zweieinhalb Stunden Fahrzeit und zwei Sprints für 62 km Luftlinie (76 km sind es
mit dem Auto von Kittsee nach Baden).
#9 Minimalverspätungen (05.02.2025)
Die meisten Züge sind nicht mit einer halben Stunde Verspätung unterwegs. Die meisten Züge sind nicht einmal mit zehn Minuten Verspätung unterwegs. Sie sind aber
mit zwei, drei, vier oder fünf Minuten Verspätung unterwegs – und auf stark ausgelasteten Strecken, die nicht mit dem modernsten Zugsicherungssystem ausgestattet sind, sind die meisten
Anschlussverluste und Folgeverspätungen auf genau diese Minimalverspätungen zurückzuführen.
5. Februar 2025. Ich möchte in Baden den CJX mit der Planabfahrt um 9:45 nehmen. Es ist 9:43, als ich am Bahnsteig 2 ankomme, soeben fährt mit vier Minuten
Verspätung die S-Bahn ab. Die S-Bahn lässt an der nächsten Station (Pfaffstätten) den RJ und den CJX überholen, was für mich heißt, dass vor meinem Zug ein weiterer Zug durchfahren wird. Es wird
also im besten Fall 9:48, bis mein – bis zuletzt pünktlich angezeigter – CJX abfährt.
Tatsächlich wird es 9:49. Die Ankunft am Wiener Hauptbahnhof wird – bis zuletzt – mit 10:05 angegeben, was zwei Minuten Verspätung bedeuten würde und meinen
Anschluss um 10:09 knapp nicht gefährden würde. Als wir um 10:02 den Bahnhof Meidling verlassen, weiß ich, dass es 10:07 wird. Um 10:07 öffnen sich auf Bahnsteig 2 (unterirdisch) die Türen, ich
sprinte auf Bahnsteig 10.
Weil der Hauptbahnhof zu klein dimensioniert wurde, teilen sich des Öfteren zwei Züge einen der oberirdischen Bahnsteige. So auch heute: Als ich es keuchend auf den
Bahnsteig geschafft habe, sehe ich meinen REX etwa 100 Meter weiter vorne stehen. Die Rücklichter verschwimmen mit dem Horizont. Doch der Lokführer wartet noch ein paar Sekunden. Ich steige ein
und der Zug fährt ab.
Im konkreten Fall wäre ich auch selber schuld gewesen, die sechs Minuten liegen am Hauptbahnhof unter der offiziellen Mindestübergangszeit, die Verbindung scheint
in der Fahrplanauskunft nicht auf. In sehr, sehr vielen anderen Fällen verhält es sich jedoch anders: Die Anschlüsse werden aufgrund einer zwei- oder dreiminütigen Verspätung nicht erreicht und
zahlreiche andere Züge werden ebenfalls aufgehalten. Auf eingleisigen Strecken verschieben sich Zugkreuzungen, Verspätungen werden auf die Rückleistung übertragen usw. usf.
Die verpassten Anschlüsse scheinen in keiner Statistik auf: Ein Zug, der 5 Minuten und 29 Minuten verspätet ist, zählt in Österreich als pünktlich. Viele Anschlüsse
sind bei einer fünfeinhalb-minütigen Verspätung aber nicht mehr zu erreichen.
#8 Warten auf die Lok (30.01.2025)
Bei meinem ersten Ausflug heuer ist mein Zug nach Wien ausgefallen, ich habe den Anschluss in Meidling aber haarscharf auch mit dem nächsten Zug noch
erwischt.
Dann war ich bei meinem zweiten Ausflug am 30. Jänner 2025 unvorsichtig genug, eine Fahrt mit dem D 1018 zu wagen, der, wie man hört, zu Verhaltensauffälligkeiten
neigt.
Als ich in die am Westbahnhof bereitgestellte Garnitur einstieg, fiel mir auf, dass die Lok fehlte. Planabfahrt ist um 8:45, in den verbleibenden fünf Minuten kann
sich sowas, wie man weiß, unmöglich ausgehen. Und richtig – der Schaffner informierte uns, dass wir „aus betrieblichen Gründen“ mit 30-40 Minuten Verspätung zu rechnen hatten.
Um 9:15 wurde die Lok angehängt, der Schaffner verkündete, dass wir in Kürze abfahren würden. Doch der Zug stand noch bis 9:30, was dem Schaffner, während er, um
uns auf die Fahrt einzustimmen, schon einmal die geplanten Zwischenhalte verkündete, ein Seufzen entlockte (wahrscheinlich nicht nur ihm).
Kennt ihr dieses Gefühl? Wenn sich ein Termin oder ein Anschlusszug gerade noch ausgehen würde, wenn der Zug JETZT ENDLICH losfahren würde? Und der Zug dann nicht
auf euch hört?
#7 Tipps und Tricks (17.01.2025)
In letzter Zeit ist verspätungstechnisch nicht viel Aufregendes passiert (Allerdings habe ich auch keine aufregenden Reisen getätigt): ein Zug, der auf dem Weg nach
Wiener Neustadt überraschend in Leobersdorf „aufgelöst“ wurde, Verbindungen, die als verspätet angezeigt werden und dann doch pünktlich abfahren (weil sich die prognostizierte Verspätung eines
Schnellzugs, der abgewartet werden sollte, erhöht hat), pünktliche Züge, die unterwegs auf die Seite genommen werden, um unpünktliche, schnellere Züge vorbeizulassen (z.B. ein CJX in Baden, der
eigentlich dieselbe Fahrzeit wie der nachfolgende IC hat, welcher beim langsamen Überholen am Gegengleis nicht eine Minute Verspätung gutmacht, während der CJX jetzt ebenfalls fünf Minuten
Verspätung hat), die tägliche Überlastung auf der Wiener Stammstrecke, wo mit großer Regelmäßigkeit CJX-Verbindungen nach Floridsdorf am Prater aufgelöst werden, um die Verspätung nicht auf die
Rückleistung zu übertragen (Am 05.12.2024 wurde mein CJX in Wien Praterstern aufgelöst, obwohl er pünktlich unterwegs war).
Seit gut einem Jahr überprüfe ich, bevor ich Richtung Arbeit aufbreche, online, ob mein Zug (a) fahren wird und (b) pünktlich unterwegs ist (bzw. alternativ, ob es
einen verspäteten Zug gibt, der voraussichtlich kurz vor der gewünschten Zeit fahren wird), und wenn ich wirklich pünktlich sein muss und einen Zug nicht „kenne“, schaue ich (c) auf
www.oebb.at/de/fahrplan/verspaetungsbestaetigung nach, wie zuverlässig der Zug in der letzten Woche war und wie viel Verspätung ich daher voraussichtlich maximal zu erwarten habe*. Die
Kombination aus beidem schafft Sicherheit, denn einige Züge verspäten sich regelmäßig erst dann, wenn ich schon auf dem Weg zum Bahnhof bin. Beispielsweise haben einige CJX-Verbindungen Richtung
Payerbach-Reichenau in der HVZ planmäßig sieben Minuten Aufenthalt in Meidling. Sie verlassen den Bahnhof also zumeist pünktlich, laufen dann aber trotzdem auf die in der HVZ verspätete S-Bahn
auf.
* Gelegentlich prüfe ich auch, ob (d) eine bestimmte S-Bahn, auf die mein CJX üblicherweise aufläuft, pünktlich unterwegs ist.
#6 Es war gut gemeint (03.12.2024)
Heute, am 3. Dezember 2024, fiel mein REX von Wien Mitte nach Baden aus. Ich stieg also in die nachfolgende S-Bahn ein. Diesmal hatte man es geschafft, ab Wien Meidling einen Ersatzzug für den entfallenen REX anzubieten. Dieser wurde nicht kommuniziert, man sah ihn in Meidling aber trotzdem am gegenüberliegenden Bahnsteig stehen, allerdings nur eine Sekunde lang, weil er die Türen schon geschlossen hatte und pünktlich abfuhr … Das erforderliche Mindestmaß an Flexibilität (dass halt einfach jemand mitdenkt bzw. mitdenken darf) ist und bleibt Utopie.
Ein anderes typisches Beispiel: Der REX mit Abfahrt in Baden um 8:07 fällt aus, der vorfahrende REX mit Abfahrt um 7:53 hat 12-13 Minuten Verspätung. Würde der
verspätete Zug noch 1-2 Minuten warten, wäre der Ausfall des Folgezugs kein Drama, der verspätete Zug würde einfach die Trasse des ausgefallenen Folgezuges übernehmen. Aber auch das wurde meines
Wissens noch nie praktiziert und wird wohl auch nie praktiziert werden.
#5 Wenn gar nichts mehr fährt (16.09.2024)
Am 15. September 2024 erlebte Niederösterreich das schlimmste Hochwasser seit 2002. Vor allem im Kamptal und im Tullnerfeld wurden Menschen evakuiert und Habseligkeiten vernichtet. Alte und neue Westbahn waren unterbrochen, der Betrieb auf der neuen Westbahnstrecke musste für mehrere Monate völlig eingestellt werden.
Die Südbahn blieb hingegen offen, jedenfalls auf dem von mir im Alltag genutzten Abschnitt Wien-Baden-Wiener Neustadt. Ab Sonntagmittag gingen die Pegel deutlich
zurück, das Schlimmste war überstanden. Am Sonntagabend erfuhr ich in Scotty, dass mein morgendlicher Zug nach Wiener Neustadt wie geplant fahren sollte – und auch alle anderen Züge.
Montagfrüh war Scotty zunächst 20 Minuten lang nicht erreichbar, offenbar wegen Überlastung. Anschließend erfuhr ich, dass die Südbahn nun auch zwischen Bad Vöslau
und Felixdorf gesperrt war (und zwischen Bad Vöslau und Mödling so gut wie alle Züge ausfielen). Grund wurde bis zuletzt keiner genannt, die Netzgemeinde meinte jedoch zu wissen, dass man die
Triestingbrücke bei Leobersdorf einer Inspektion unterzog. Scotty hatte noch eine Information parat: Es gab keinen Schienenersatzverkehr und somit keine Möglichkeit, einigermaßen zeitnah mit
öffentlichen Verkehrsmitteln nach Wiener Neustadt zu kommen.
Weil meine Anwesenheit am Arbeitsplatz an diesem Vormittag leider dringender gefordert war als sonst, schwang ich mich auf mein Fahrrad und düste die 25 Kilometer
nach Wiener Neustadt. Die Straßen- und Wetterbedingungen waren in der Früh verhältnismäßig gut, die Flüsse, die ich querte, waren schon deutlich zurückgegangen.
Während beinahe alle Orte durchgehend mit dem Auto erreichbar waren, wurde man als Bahnfahrer vielerorts einfach sitzen gelassen – ohne Schienenersatzverkehr (z.B.
stand am Semmering, der vorbeugend gesperrt worden war, auch nach 24 Stunden noch kein Busangebot zur Verfügung) und oft auch ohne jegliche Information.
Beispielsweise habe ich, bevor ich mich wieder auf mein Fahrrad schwang, am Wiener Neustädter Hauptbahnhof eine gestresste Reisende auf den Bus 7941 (der nach Wien
fährt) verwiesen, der zwar nicht in Bahnhofsnähe abfuhr, aber immerhin – abfuhr.
Das Team der offiziellen Fahrplanauskunft Scotty war offiziell überlastet, was erklärt, warum online und auf den Monitoren immer wieder Züge angezeigt wurden, die
etwa auch von Wien nach Salzburg fuhren, obwohl die Westbahn definitiv gesperrt war. Am Montagabend waren großflächig keine aktuellen Informationen für Dienstagfrüh verfügbar. Eine Woche nach dem
Hochwasser hatte man offenbar teilweise resigniert und versah Scotty einfach mit dem Hinweis, dass die Auskunft momentan fehlerhaft sei. Beispielsweise wurden immer noch Verbindungen angezeigt,
von denen man schon seit einigen Tagen wusste, dass sie definitiv nicht verkehren würden – etwa ICEs für die letzte September-Woche.
Klar ist, dass eine reibungslose Beförderung der Fahrgäste in derartigen Ausnahmesituationen nicht sofort gewährleistet werden kann. Was meiner Meinung nach jedoch
sehr wohl möglich sein sollte, ist neben einer besseren Kundeninformation die Aufrechterhaltung eines Notbetriebs – etwa in Form eines konzerneigenen Bereitschaftsdienstes zumindest in der
Ostregion, der flexibel eingesetzt werden kann. Ein solcher Bereitschaftsdienst hätte beileibe nicht nur im Katastrophenfall zu tun. Irgendwo gibt es fast immer Schienenersatzverkehr, der mühsam
mit zahlreichen Busfirmen koordiniert werden muss. Wenn man neben externen Busfirmen auch auf einen eigenen Dienst setzen würde, sollte es einfacher sein, im Ernstfall schneller und flexibler
Kapazitäten bereitzustellen.
Diesen Beitrag habe ich zuvor bereits hier veröffentlicht.
#4 Wenn einem der Anschluss vor der Nase davonfährt (09.09.2024)
Drei- oder viermal pro Jahr verschlägt es mich in die schöne Obersteiermark, ungefähr genauso oft zittere ich dort um meinen Anschluss – denn die Railjets, die mich
(fast) an mein Ziel bringen, kommen aus Tschechien und sind regelmäßig verspätet. Der Anschlusszug ins Tal fährt zumeist nur alle zwei Stunden, dazwischen verkehren einzelne lahme Busse.
Die Gegenrichtung ist eigentlich unproblematisch – da kommen die Railjets aus Graz und sind, wenn ich in Bruck an der Mur zusteige, erst eine gute halbe Stunde
unterwegs. Um nach Bruck an der Mur zu kommen, fahre ich zunächst eine knappe Viertelstunde nach St. Michael. In St. Michael wartet jeweils schon der Zug nach Bruck an der Mur.
Am 9. September hatte mein Zug bei der Ankunft in St. Michael zwölf Minuten Verspätung – er hatte kurz vor dem Ziel auch noch die Kreuzung mit dem in die
Gegenrichtung fahrenden Intercity abwarten müssen. Die Umsteigewilligen, etwa 20 an der Zahl, standen überwiegend mit mir bei der ersten Tür, weil es von dort nur wenige Meter bis zum
Anschlusszug sind – die zwei Züge stehen in St. Michael Nase an Nase. Ich war der Erste am Bahnsteig, erreichte mit wenigen Schritten die letzte Tür des Anschlusszuges – als sich dieser eben in
diesem Moment in Bewegung setzte. Er hatte sieben Minuten gewartet, um dann zwei Sekunden, bevor ich die Tür geöffnet und alle ihren Anschluss erreicht hätten, doch abzufahren. Kein Blick zurück
des Lokführers, keine Kommunikation zwischen Fahrdienstleiter und Lokführer, niemand, der in solchen Momenten ein Auge darauf hat, dass der Anschluss funktioniert. Ein mitreisender Steirer fasste
die Situation zusammen: „Mehr geht neama!“
#3 Weltrekord (18.05.2024)
Am 18. Mai 2024 reiste ich von Baden nach Annaberg an der schönen Mariazellerbahn, die Umsteigezeit in St. Pölten Hbf betrug planmäßig sieben Minuten. Mein Railjet war pünktlich unterwegs, bis er wenige Kilometer vor St. Pölten plötzlich nur mehr Schritttempo fuhr. Warum? Man weiß es nicht.
Ich verbrachte die nächsten Minuten damit, zu berechnen, bei welcher Zugtür sich ungefähr der Abgang befinden würde, und meine Rechnung stimmte ganz genau. Als der Zug rund 45 Sekunden vor Planabfahrt der Mariazellerbahn auf Bahnsteig 5 hielt, sprang ich aus der Tür und stellte (mutmaßlich) einen Weltrekord im 300-Meter-Bahnsteiglauf auf, denn der Weg zu den Bahnsteigen der Mariazellerbahn ist ziemlich lange.
Mit etwa zehn Sekunden Verspätung stürmte ich auf den Bahnsteig 12, der Zug fuhr bereits. Aber der Lokführer zeigte Herz, bremste noch einmal ab und störte sich
nicht daran, dass ich noch rund eine halbe Minute lang die Tür blockierte – bis die anderen Umsteiger ebenfalls angerannt kamen. Zügen nachlaufen ist der
letzte wahre Volkssport in Österreich, da bin ich mir ziemlich sicher.
#2 Eine Anschluss-Geschichte (02.03.2024)
Am 2. März 2024 erreichte ich mein Reiseziel mit nur 11 Minuten Verspätung. Weil die Geschichte jedoch prototypisch ist und zeigt, was einige Minuten Verspätung manchmal bewirken können, möchte ich sie trotzdem erzählen.
An jenem Samstag habe ich mit Familienmitgliedern aus Linz und dem Mostviertel einen Tagesausflug nach Budweis unternommen. Um 20:05 ging es mit dem Eurocity von
Budweis zurück nach Linz, die Ankunft in Linz erfolgte, weil wir auf der eingleisigen Strecke einen Gegenzug abwarten mussten, mit wenigen Minuten Verspätung. Kein Problem, der Railjet-Express
nach Wien mit Abfahrt um 22:17 konnte ohne weiteres erreicht werden. Und auch dieser Zug war bereits seit Bregenz pünktlich unterwegs.
Kurz vor St. Pölten hielten wir auf freier Strecke, weil „der Bahnsteig noch nicht frei war“. Mit vier Minuten Verspätung wurde die Fahrt fortgesetzt, in Meidling
hatte ich laut Plan sieben Minuten zum Umsteigen. Zehn Minuten vor der – vermeintlichen – Ankunft in Wien Meidling begab ich mich zu dem Ausstieg, der dem Stiegenabgang in Meidling am nächsten
lag, um dort im Fall der Fälle den kürzestmöglichen Weg zu haben.
Dort, wo sich der Wienerwaldtunnel und der Lainzer Tunnel an der westlichen Wiener Stadtgrenze in der sogenannten Weichenhalle treffen, bremste der Zug nicht auf
die dort fahrbaren 160, sondern auf 60 km/h ab. Im Internet konnte ich anschließend lediglich herausfinden, dass der vorfahrende, stark verspätete ICE aus Dortmund in diesem Streckenabschnitt
ebenfalls acht Minuten zusätzliche Verspätung aufgerissen hatte – warum der neben dem RJX hochrangigste Fernverkehrszug im ÖBB-Netz hier keine freie Fahrt hatte, ließ sich nicht eruieren. Lt.
Fahrplan waren sonst zu dieser Zeit weit und breit keine Züge unterwegs in diesem Abschnitt.
Wie dem auch sei, nach einigen Minuten beschleunigte unser Zug wieder. Am Monitor wurde eine Ankunft um 23:31 prophezeit, also sechs Minuten Verspätung. Den D-Zug
mit Abfahrt um 23:32 konnte ich mir abschminken, für den REX um 23:37 bestand hingegen noch Hoffnung. Unmittelbar vor dem Ausgang des Lainzer Tunnels blieb der RJX dann wieder stehen. Unser
Bahnsteig war eben wieder einmal vom vorausfahrenden ICE belegt, die benachbarten Bahnsteige ebenfalls noch nicht frei. Um 23:35 gingen die Türen auf. Ich war als Erster am Bahnsteig (7),
sprintete los, bremste beim Monitor kurz, um mich zu vergewissern, dass der D-Zug schon weg war, und rannte zum Bahnsteig 1, um den REX um 23:37 zu erwischen. Ich erreichte die Zugtür im
allerletzten Moment, denn der Zug wartete keine einzige Sekunde.
Mit 11 Minuten Verspätung war ich in Baden. Alle anderen Anschlussreisenden nach Baden und Wiener Neustadt hatten eine halbe Stunde Verspätung. Sollte jemand auf
dem Weg nach Graz gewesen sein, musste er sich in Wien ein Hotel nehmen.
Sind 11 Minuten Verspätung ein Drama? Nein. Sind 30 Minuten Verspätung ein Drama? Wenn man nicht gerade zur Arbeit muss, im Prinzip auch nicht (eine unfreiwillige
Hotelnacht schon eher). Das Problem ist vielmehr, dass sich derartige Situationen Tag für Tag tausendfach abspielen. Alle zittern um ihren Anschluss, alle rennen. Tausende verpassen jeden Tag
ihre Anschlüsse, ihre reservierten Sitzplätze und ihre Termine.
Als der Zug kurz vor dem Bahnhof noch einmal im Tunnel anhielt, fiel mir ein, dass ich einige Wochen zuvor meinen Anschluss versäumt hatte, weil mein CJX einige
Minuten in der Meidlinger S-Bahn-Unterwerfung auf einen freien Bahnsteig gewartet hatte (Ich musste damals eine Stunde auf den nächsten Zug warten – dutzende Male habe ich in den letzten Jahren
in diesem Tunnel um meinen Anschluss gebangt). Und beim letzten Ausflug hatte mein Railjet eine halbe Stunde Verspätung gehabt. In den letzten zwei Monaten habe ich fünf Ausflüge gemacht, bei
denen ich umsteigen musste. Dreimal ist was schiefgegangen, die Verspätungen am Zielort betrugen 11, 30 und 60 Minuten. Wenn ich an die letzten fünf Jahre zurückdenke, entspricht das ungefähr dem
Schnitt. Es gibt keine Statistik, in der versäumte Anschlusszüge aufscheinen.
Die Lösungsvorschläge? Der D-Zug hätte am besagten 2. März sieben Minuten warten können, weil er an diesem Tag der letzte Zug nach Graz war. Eine Vormeldung von
Anschlusswünschen durch die Zugbegleiter ist nicht mehr vorgesehen, die Schaffnerin hatte sich zwischen Linz und Wien auch gar nicht blicken lassen. Der REX und die nachfolgende S-Bahn wären
entsprechend mit 3-4 Minuten Verspätung abgefahren.
Auch einmal gesagt gehört folgendes: Ein Fahrplan, der flächendeckend dermaßen auf Kante genäht ist, dass geringste Abweichungen permanent negative Kettenreaktionen
in Gang setzen, ist kein guter Fahrplan. Eine Infrastruktur, die kaum noch Reserven bereithält (etwa zusätzliche Bahnsteige, damit Züge in Österreich nicht hunderte Male pro Tag auf die Einfahrt
warten müssen), ist eine Infrastruktur, die schlicht nicht ausreichend ist.
Diesen Beitrag habe ich zuvor bereits hier veröffentlicht.
#1 Eine Verspätungsgeschichte (10.11.2023)
Wir schreiben den 10. November 2023. Ich bin unterwegs von Baden bei Wien nach Mautern in Steiermark. Um 12:57 möchte ich abfahren, um 15:42 ankommen. Diese Verbindung hat mir in den letzten Jahren viel Zeit gespart, denn wenn der aus Tschechien kommende Railjet verspätet ist und ich meinen Anschluss versäume, gibt es von Montag bis Freitag eine gute halbe Stunde später noch eine Verbindung ins obersteirische Liesingtal. Ansonsten herrscht dort nach wie vor ein Zwei-Stunden-Takt.
Meistens schaue ich vor der Abfahrt noch einmal kurz ins Internet, am 10. November habe ich es unterlassen und daher eine halbe Stunde am Bahnsteig gewartet, denn
der Zug um 12:57 ist ausgefallen. Was soll’s, dann wird’s eben wieder einmal der Folgezug. In Wiener Neustadt kann ich auf den IC nach Lienz umsteigen und bin dann mit nur 37 Minuten Verspätung
in der Obersteiermark. Jedenfalls theoretisch.
In Wiener Neustadt, wo ich umsteigen muss, wird der Intercity zuerst mit 24 Minuten, dann mit 28 Minuten Verspätung angezeigt. Auch das sollte sich eigentlich
ausgehen, wenn auch nur knapp. Jedenfalls theoretisch.
Denn der Zug fährt planmäßig ohne Aufenthalt von Wiener Neustadt bis Leoben durch. Es gibt bestimmt Gründe, warum er heute rund zehnmal stark abbremst, in einem
Fall mehrere Kilometer lang dahinschleicht, bevor er dann, warum auch immer, über eine Weiche auf das Nachbargleis fährt. Einige Kilometer vor Leoben bremst der Zug wieder ab. Wir erreichen
Leoben um 15:58. Mein REX nach Mautern ist pünktlich um 15:57 abgefahren.
Bei vielen Fahrgästen führen solche Situationen zu Wutausbrüchen, denn man ist dem Zug, in dem man sitzt, hilflos ausgeliefert. Häufig gibt es keinerlei
Informationen, warum es im konkreten Fall nicht weitergeht. Das führt, wenn man einen Anschlusszug erreichen muss oder einen Termin hat, zu immer mehr Stress und schlägt irgendwann in Zorn um.
Und es gibt niemanden, an dem man seinen Zorn auslassen kann (soll), denn der Zugbegleiter kann nichts dafür.
Der nächste Zug nach Mautern fährt erst um 17:18. Geringfügig schneller geht es, wenn ich nach St. Michael fahre und dort in einen Bus umsteige. Gesagt, getan – und
dann fand die Geschichte ein komisches Ende: Durch das zweimalige Versäumen von Anschlusszügen traf ich in St. Michael unversehens auf meinen wenige Wochen alten Neffen, der in Begleitung seiner
Eltern gerade die erste Zugreise seines Lebens absolvierte.
Wir plauderten ein bisschen, und dann erreichte ich Mautern mit ungefähr 100 Minuten Verspätung mit dem Bus. Der Bus war ebenfalls nicht ganz pünktlich, weil eine
Rinderherde irgendwo im Nirgendwo die Dorfstraße blockierte.
Wie auch immer: Bis mein Neffe groß genug ist, um alleine mit der Eisenbahn zu fahren, hat man sicher Mittel und Wege gefunden, das Thema Verspätungen in den Griff
zu bekommen.
Diesen Beitrag habe ich zuvor bereits hier veröffentlicht.

"This is because of operating difficulties."
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