Am 15. September 2024 erlebte Niederösterreich das schlimmste Hochwasser seit 2002. Vor allem im Kamptal und im Tullnerfeld wurden Menschen evakuiert und Habseligkeiten vernichtet. Alte und neue Westbahn waren unterbrochen, der Betrieb auf der neuen Westbahnstrecke musste für mehrere Monate völlig eingestellt werden.
Die Südbahn blieb hingegen offen, jedenfalls auf dem von mir im Alltag genutzten Abschnitt Wien-Baden-Wiener Neustadt. Ab Sonntagmittag gingen die Pegel deutlich
zurück, das Schlimmste war überstanden. Am Sonntagabend erfuhr ich in Scotty, dass mein morgendlicher Zug nach Wiener Neustadt wie geplant fahren sollte – und auch alle anderen Züge.
Montagfrüh war Scotty zunächst 20 Minuten lang nicht erreichbar, offenbar wegen Überlastung. Anschließend erfuhr ich, dass die Südbahn nun auch zwischen Bad Vöslau
und Felixdorf gesperrt war (und zwischen Bad Vöslau und Mödling so gut wie alle Züge ausfielen). Grund wurde bis zuletzt keiner genannt, die Netzgemeinde meinte jedoch zu wissen, dass man die
Triestingbrücke bei Leobersdorf einer Inspektion unterzog. Scotty hatte noch eine Information parat: Es gab keinen Schienenersatzverkehr und somit keine Möglichkeit, einigermaßen zeitnah mit
öffentlichen Verkehrsmitteln nach Wiener Neustadt zu kommen.
Weil meine Anwesenheit am Arbeitsplatz an diesem Vormittag leider dringender gefordert war als sonst, schwang ich mich auf mein Fahrrad und düste die 25 Kilometer
nach Wiener Neustadt. Die Straßen- und Wetterbedingungen waren in der Früh verhältnismäßig gut, die Flüsse, die ich querte, waren schon deutlich zurückgegangen.
Während beinahe alle Orte durchgehend mit dem Auto erreichbar waren, wurde man als Bahnfahrer vielerorts einfach sitzen gelassen – ohne Schienenersatzverkehr (z.B.
stand am Semmering, der vorbeugend gesperrt worden war, auch nach 24 Stunden noch kein Busangebot zur Verfügung) und oft auch ohne jegliche Information.
Beispielsweise habe ich, bevor ich mich wieder auf mein Fahrrad schwang, am Wiener Neustädter Hauptbahnhof eine gestresste Reisende auf den Bus 7941 (der nach Wien
fährt) verwiesen, der zwar nicht in Bahnhofsnähe abfuhr, aber immerhin – abfuhr.
Das Team der offiziellen Fahrplanauskunft Scotty war offiziell überlastet, was erklärt, warum online und auf den Monitoren immer wieder Züge angezeigt wurden, die
etwa auch von Wien nach Salzburg fuhren, obwohl die Westbahn definitiv gesperrt war. Am Montagabend waren großflächig keine aktuellen Informationen für Dienstagfrüh verfügbar. Eine Woche nach dem
Hochwasser hatte man offenbar teilweise resigniert und versah Scotty einfach mit dem Hinweis, dass die Auskunft momentan fehlerhaft sei. Beispielsweise wurden immer noch Verbindungen angezeigt,
von denen man schon seit einigen Tagen wusste, dass sie definitiv nicht verkehren würden – etwa ICEs für die letzte September-Woche.
Klar ist, dass eine reibungslose Beförderung der Fahrgäste in derartigen Ausnahmesituationen nicht sofort gewährleistet werden kann. Was meiner Meinung nach jedoch
sehr wohl möglich sein sollte, ist neben einer besseren Kundeninformation die Aufrechterhaltung eines Notbetriebs – etwa in Form eines konzerneigenen Bereitschaftsdienstes zumindest in der
Ostregion, der flexibel eingesetzt werden kann. Ein solcher Bereitschaftsdienst hätte beileibe nicht nur im Katastrophenfall zu tun. Irgendwo gibt es fast immer Schienenersatzverkehr, der mühsam
mit zahlreichen Busfirmen koordiniert werden muss. Wenn man neben externen Busfirmen auch auf einen eigenen Dienst setzen würde, sollte es einfacher sein, im Ernstfall schneller und flexibler
Kapazitäten bereitzustellen.
Kein Zug, kein Bus ... Es bleiben nur Privat-Pkw, Taxi und Fahrrad (Das Bild habe ich in einer ähnlichen Situation, bei einem Streik Ende 2022,
aufgenommen).
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