Der Stadtverkehr, die lahme Ente

Als Student war ich viele Jahre lang in den inneren Wiener Bezirken unterwegs. Irgendwann ist mir aufgefallen: Es gibt, wenn man nicht genau von einer U-Bahn-Station zur anderen muss, keine Möglichkeit, in Wien rasch von A nach B zu gelangen.


Die Fahrt auf der verstopften S-Bahn-Stammstrecke (bestenfalls 25 Minuten für 13 Kilometer) wurde letztens von einem Nutzer treffend als „lähmend“ beschrieben, und selbst dort ist man im Vergleich mit Bus und Bim noch relativ schnell unterwegs.


Die Reisegeschwindigkeit (Durchschnittsgeschwindigkeit) der langsamsten Straßenbahnlinie 42 beträgt in Fahrtrichtung Schottentor im besten Fall 13 km/h. Die schnellste Linie (der 26er) schafft etwa 19,5 km/h. Die durchschnittliche Geschwindigkeit aller Straßenbahnlinien in Wien beträgt 15,8 km/h. In Graz sind es 16,8 km/h, in Linz 21 km/h. Bei der Wiener U-Bahn (die mehr Zwischenhalte bedient als die S-Bahn) sind es 32,5 km/h.


Die Straßenbahn-Linie 60, um ein weiteres Beispiel aus Wien zu nennen, verkehrt zwischen Rodaun (Liesing) und dem Wiener Westbahnhof und benötigt für die Strecke von 13,6 km 40 Minuten. Rund zehn Minuten schneller ist man, wenn man mit dem Bus zur S-Bahn fährt, mit der S-Bahn nach Meidling, und dann in die U-Bahn umsteigt. Vom Wiener Neustädter Hauptbahnhof ist man übrigens in 37 Minuten am Wiener Westbahnhof. Die Luftlinie beträgt hier 44 km (Rodaun–Westbahnhof: 10 km).


Der O-Wagen braucht von der Fasangasse zum Hauptbahnhof, wenn viel los ist, gut und gerne 8 Minuten – für eine Strecke von 1.000 Metern! Der 13A kommt planmäßig 6 Minuten nach der Abfahrt am Hauptbahnhof noch einmal in Sichtweite (300 Meter) vom Abfahrtsort entfernt vorbei und hält dort in der Kolschitzkygasse. Wenn man den Bus versäumt hat, überquert man einfach gemütlich den Gürtel und steigt dann auf der anderen Seite ein.


Ich habe zwei Jahre lang neben der Haltestelle Hirschengasse des 57A gewohnt. Der Bus ist, trotz seiner einfachen Streckenführung (einfach die Gumpendorfer Straße runter), ziemlich unzuverlässig. Er kommt gerne eine Minute zu früh oder vier Minuten zu spät, weshalb man im Mittel ungefähr gleich schnell ist, wenn man die drei Stationen zur U6 Gumpendorfer Straße zu Fuß zurücklegt. Nach Meidling bin ich meist mit dem Faltrad gefahren, je nach Richtung habe ich trotz mehrerer Ampeln meist 11-15 Minuten gebraucht. Mit Bus und U-Bahn sind es 17 Minuten.


Im Juni 2025 habe ich bei einer Straßenbahnfahrt rund eine halbe Stunde vom Burgtheater zum Quartier Belvedere gebraucht, weil die Bim im Stau gestanden ist. Eine Gruppe Mitreisender ist damals ausgestiegen und zu Fuß weitergegangen, um Zeit zu sparen.


In Wiener Neustadt, um ein weiteres Beispiel zu nennen, werden neun Stadtbuslinien und mehrere Regionalbuslinien eine knappe Minute lang an der Kreuzung Kollonitschgasse/Babenbergerring aufgehalten.


Die Lösung? Vorrang für Öffis! Wo immer es möglich ist eigene Gleiskörper für Straßenbahnen und, vor allem, konsequente Bevorrangung an Ampeln! Es gibt heutzutage wenig Einfacheres, als eine Ampelbevorrangung einzurichten: Der Bus oder die Bim kommt und die Ampel springt für alle anderen auf Rot.


Der 57A steht stadtauswärts u.a. ca. 60 Sekunden in der Esterhazygasse und stadteinwärts ca. 45 Sekunden zwischen Brückengasse und Hirschengasse, und zwar bei jeder Fahrt. Da wäre zeittechnisch (und daher auch fahrzeug- und personaltechnisch) einiges rauszuholen. Die Straßenbahnlinie 43 braucht für eine volle Gürtelquerung (inkl. Aufenthalt) gut und gern zwei Minuten, das muss heutzutage wirklich nicht mehr sein.


Was Wien betrifft: Zahlreiche Ampeln werden bereits von Bus und Straßenbahn angesteuert. In der Praxis bedeutet das jedoch häufig nur, dass die „Freiphase“ für die gewünschte Relation nach einer bestimmten Wartezeit kommt. Die Beeinflussung ist somit gegeben, von einer grünen Welle sind wir aber noch weit entfernt. Ein Straßenbahnfahrer schreibt dazu im Tramwayforum: „Gibt’s auch am 60er in Fahrtrichtung Rodaun bei der Franz-Asenbauer-Gasse. Die Freiphase wird so lange verlängert, bis der Zug in die Station einfährt. In dem Moment, wo der Zug abfahrtbereit wäre, springt sie gerade von Gelb auf Rot und man muss ca. 45 Sekunden warten. ‚Eine Verlängerung der Freiphase ist leider nicht möglich‘ wurde mir auf meine Anregung hin geantwortet.“


Auf einigen Streckenabschnitten in Wien (und anderswo) wird das Konzept der Bevorrangung an Ampeln erfolgreich umgesetzt. Man kann aber mit jeder beliebigen Wiener Straßenbahn- oder Buslinie fahren, um festzustellen, dass die Wartezeiten an den Ampeln teils beträchtlich sind. Und eigene Gleiskörper/Busspuren gibt es abseits von Transdanubien viel zu selten. Woran es diesbezüglich am meisten fehlt? Wie so oft am (bezirks-) politischen Willen.

Einer der letzten E-Einsätze am 71er im Juni 2025. Bei Niederflur-Garnituren ist zumindest der Fahrgastwechsel schneller.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0